Il dolce far niente

Kennen wir den eigentlich noch irgendwie, den ganz unverplanten Tag, der daherkommt wie ein Landstreicher und uns einlädt, inne zu halten und den Gipfel des Nichtstuns zu erreichen. Aber nichts zu tun geht ja irgendwie auch nicht. Man muss was machen, sonst geht es nicht. Wenigstens weiter atmen muss man, mal was trinken, und wenn der Hunger kommt eben auch was essen. Man muss die Grundbedürfnisse stillen, und darf darüber hinaus auch eben mal, genau: nichts tun.

Aber das hat sein Pro und Kontra, und die zwei schauen wir uns jetzt mal kurz an: in Japan nennet man den plötzlichen Tod durch Überarbeitung Karoshi, und bei Männern führt man wohl wenigstens 10 Prozent aller Todesfälle darauf zurück. Aber planlos in den Tag zu leben kann auch ziemlich lebensbedrohlich sein. Denn wenn ich Zelinski glauben will, sterben in den USA von 7 von 10 Rentnern, die kein Lebensziel mehr haben, innerhalb von zwei Jahren. Wenn wir keine Ziele mehr haben, scheint uns damit oft auch der Sinn abhanden zu kommen, und wenn wir in unserer Existenz keinen Sinn mehr feststellen können, verabschiedet sich scheinbar unser Bewusstsein. Ja, und wenn man so ganz unbewusst in den Tag hinein lebt, dann geht es dahin mit uns.

Und doch – siehe da, da ist er wieder: der scheinbare Widerspruch – kann ein planloser, scheinbar sinnloser und ganz unverplanter Tag etwas schaffen, womit keiner gerechnet hat: nämlich Bewusstheit. Ist das nicht toll? Die Sprache und das ganze Leben. Man kann es drehen und wenden und so zimmern, dass es am Ende immer wieder zusammenpasst. Seien Sie ehrlich. Wenn Sie trapatonimässig wie die Flasche leer werden, wenn Sie die Uhr auf Null stellen, wenn die Reifen runter fallen, wenn Sie für einen Augenblick in ein vorzeitiges Nirwana fallen, wenn der Sabatical einfach anklopft und mit einem Mal vor der Tür steht, dann wissen wir plötzlich, was Walter Matthau meinte, als er einmal sagte:”Nichts is schwerer, als gar nichts zu machen.”

Und doch, gerade dann, in dieser Schwere des Nichtstuns, die nicht selten droht, in eine düstere Melancholie abzusinken, da passiert es dann doch, dass wir uns unserer selbst in ganz besonderer Weise gewahr werden, und Sachen möglich werden, an die wir schon gar nicht mehr geglaubt haben. Da kann es dann passieren, dass förmlich der Blitz in uns einschlägt und uns Gedanken und Einfälle kommen, die schon so vergraben waren wir ein gut gehüteter Schatz. Da kann es sein, dass wir so ganz eigenartig zu uns kommen, und wie Kinder durch ein zunächst leeres Zimmer laufen, um dann im nächsten Raum einen vollgedecketen Gabentisch voller Ideen und guter Gefühle vorfinden. Das soll uns recht sein, denn wie bald ist wieder Weihnachten. Da bleibt einem oft ja gar nichts anderes übrig, als mal einfach nichts zu tun. Und manchmal gibt´s ja auch Geschenke. Bleibt zu hoffen, dass wir darüber ein bisschen locker werden und sich mit der Geburt des Erlösers bei uns auch ein Hauch von Erleuchtung einstellt.

Have a great day…and a good life!

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