Kasperltheater gab es ja mal ursprünglich auf dem Jahrmarkt. Wer aber jetzt denkt, Kasperl hätte sich aus der Welt verabschiedet, der irrt sich gewaltig. Kasperl hat alle Hände voll zu tun, um als komischer Held zuletzt die Bösen mit seiner Rute zur Strecke zu bringen, also mit seinem, genau: Slapstick. Denn den Prügel gibt es jetzt überall. Schliesslich ist die Welt ein Jahrmarkt geworden, der zum Ausverkauf ruft und Kasperltheater spielen wir jetzt allumfassend und weltumspannend, im Suff und im SUV, aber sogar nüchtern und in Minis, Klein und Gross.
Die ganze weite Welt wird zum Kasperltheater und der Mensch wird auf ganz skurrile Weise kitschig. Denn er verliert allein schon aufgrund der Komplexität der Welt, womit ja auch die Welt jedes Einzelnen einher geht, gerade herzlich die Kontrolle. Man will doch sagen: Ist meine Welt in Ordnung, dann ist auch die Welt in Ordnung. Aber das funktioniert nicht mehr, ausser man schafft das Kunststück, sich selbst zu belügen. Und das geht und ist auch irgendwie notwendig. Denn so sehr es derzeit aus dem Ruder läuft und sich keiner mehr auskennt, gelogen wird, dass sich die Balken biegen und wir mit Geld, das nie verdient wurde und wird, Luftschlösser bauen, die irgendwann einstürzen wie Kartenhäuser und geplatzte Träume – es sei in Anbetracht all dessen gestattet zu fragen, ob es je anders war. Natürlich nicht.
Und wenn die ganze Welt Theater spielt, dann merkt man es kaum mehr, dass man auch selbst an einer Komödie teilnimmt. Eine Tragikkomödie zugegeben, aber auch das war ja schon immer so. Denn die Zeit richtet es zuletzt doch immer und beendet das Rollenspiel jedes Einzelnen schliesslich, zuweilen auch mal ganz abrupt. Denn die Überraschung ist in die DNA des Lebenstheaters eingewoben und beim Versuch, sie zu modifizieren schneidet man sich doch nur ins eigene Fleisch. Und Überheblichkeit wird am Ende bestraft. Nein, es ist keine gute Idee, die Zeit überlisten zu wollen. Nutzen, ja bitte. Aber das ultimative Schnippchen schlagen wir ihr schliesslich nicht.
Das vor Augen, wird doch auch klar, dass in einem grossen Theater gefangen zu sein kein Freibrief ist für pure Narretei und man tut gut daran, erst einmal vor der eigenen Tür zu kehren, das eigene Haus und sich selbst gleich mit in Ordnung zu bringen, bevor man es mit dem Rest aufnimmt. Allerdings ist es inzwischen nicht nur mehr eine italienische Marotte, genau das eben nicht zu tun und sich einfach unters Volk zu mischen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und so zu tun, als sei alles in bester Ordnung, während doch so gar nichts mehr wirklich ok ist. Klar: Wenn ich die Tür hinter meinem Misthaufen zu mache und raus gehe, dann stinkt es für den Moment auch etwas weniger.
Die Verführung ist gross. Kaffeehäuser gibt es inzwischen an jeder Ecke, sogar wenn es Winter wird, stehen Heizstrahler und Felle bereit, um es sich im Kalten gemütlich zu machen. In Sankt Moritz fällt auch in diesem Jahr wieder der Schnee, und bist du nicht willig, dann eben Kunstschnee. Die Party geht weiter und die Welt feiert sich selbst. Selbst der Diesel hat eine Affäre, die inzwischen kitschig wird. Die Kreuzfahrt hat Hochkonjunktur und wir jagen leuchtende Dampfer über die Weltmeere, auf denen lustig die Musik spielt. Wir frackeln den letzten Dreck aus dem Boden und treiben die Dinger an. Ja, Kreuzfahrtschiffe und Schweröl haben wirklich heftigen Sex, hinter dem sich der Diesel doch eher als Schmuseaffäre mit sanftem Kuscheln, wie softes Autokino für verliebte Teenies ausnimmt. Aber man kann auch eine harmlose Affäre wie einen grossen Ballon aufblasen, während anderswo gerade Aida unterwegs ist und es wild treibt.
Am Ende spielen beide doch nur Kasperltheater, angetrieben von einer Maschinerie, die Mensch heisst. Bei all dem Theater freut man sich auf den Besen, um einfach mal vor der eigenen Tür zu kehren, sich dann auf die Treppenstufe vor dem Haus zu setzen, einen Kaffee zu trinken, seine Frau in den Arm zu nehmen und vor Glück auszurufen: Honey, ich liebe Dich. Und wenn kein Honey da ist, dann bleibt einem doch nichts übrig, als die ganze Welt zu umarmen. Denn es ist Kasperltheater, immerzu und jederzeit.
Und wer weiss das in seinem Innern schon besser als wir, die wir in einer grossen Komödie gefangen sind, die Leben heisst, während wir gerade auf der Titanic unterwegs sind, am besten bei einer hübschen Liebesgeschichte. Denn küssen kann man nicht alleine, und wenn selbst der Diesel eine Affäre hat…was für ein Theater. Lang lebe die Bussi-Bussi-Gesellschaft, der ewige Stenz, Monaco Franze und die Mona Lisa. Ich habe dem nichts mehr hinzu zu fügen, ausser vielleicht: “Honey ich liebe Dich”, einen guten Kaffee und ein schlichtes Augenschliessen in einem ruhigen Moment auf der Treppe vor dem Haus, während die Sonne mein Gesicht wärmt. Denn auch Kasperle braucht mal eine Pause. Und das sind wir schliesslich alle.
Have a great day…and a good life!