Leben ist eine komplexe Angelegenheit. Das beginnt schon damit, dass wir in das Unvorstellbare hinein geboren werden. Die Unvorstellbarkeit der Weite des Universums, darin wiederum die Unwahrscheinlichkeit unserer Existenz, die aber dennoch unbestritten stattfindet. Das Ende des Raumes ist nicht rational vorstellbar. Und es ist nicht vorstellbar, dass dieser Raum unendlich ist. Denn dann gibt es keine Grenze. Aber was bedeutet das nun wieder? Da hat man es sich mit der Urknalltheorie insofern bequem gemacht, dass man sich dadurch eine Vorstellung machen kann, wie das mit dem Raum, in dem wir unterwegs sind, also funktioniert. Aber sie wackelt wohl, seit neueste Teleoskope aus den Weiten des Raums Informationen senden, die nicht so ganz ins Bild zu passen scheinen. Aber immerhin. Mit der Urknalltheorie kann man die Sache für sich einordnen und sich sagen: Ich lebe in einem expandierenden Universum. Und damit kann man dann leben, ohne verrückt darüber zu werden, dass man nichts, aber auch absolut gar nichts darüber weiss, wo man herkommt, wo man einmal hingeht und worin man überhaupt gehalten ist in den unvorstellbaren Weiten der Galaxien.
Und dann, genau: die Endlichkeit. Geboren, um zu sterben. Zeitpunkt ungewiss, aber absehbar. Dazwischen ein Leben, gehalten in einer Zivilisation, unter deren Oberfläche eine rauhe Schale lauert und die ganze Ursuppe des Lebens kocht. Immerzu sind wir Seiltänzer über Abgründen. Die Wahrscheinlichkeit einer bequemen Existenz, in der man bei Zahnweh zum Arzt geht und entspannt relativ schmerzfrei Abhilfe erwarten darf ist so nahe am Nullprozentpunkt, dass man sie eigentlich gar nicht wahrnehmen kann. Nichts erklärt tatsächlich auch nur einen Hauch dessen, was ist. In Wahrheit wissen wir nichts. Nur dass wir sind, und dass wir einmal nicht mehr sein werden – zumindest in unserer momentanen Individualität. Die Zeit und Gezeiten: weitere Unendlichkeiten. Hat Zeit mal irgendwann angefangen? Und wo will sie jemals aufhören? Ich weiss, dass meine Zeit einmal aufhört. Mit einer Nichtigkeit von atomarer Winzigkeit bin ich hier. Und verfliege wieder im Staub der Gezeiten im Hauch einer Pusteblume, die verweht.
“Na und?” könnte man einwenden. Was juckt mich das? Und tatsächlich lässt sich mit all den Tatsachen und unbeantworteten Unendlichkeiten ja praktisch wenig bis gar nichts anfangen. Es ist wie es ist.
Das Vertrackte daran ist nur, dass wir insgeheim tief in uns drin in jedem Moment unseres Seins in etwas viel Grösserem gehalten sind, wovon wir absolut keine Ahnung haben, und dass wir das insgeheim wissen. Wir verstehen also nicht wirklich, was uns eigentlich leben lässt.
Aber wir bewegen uns immerzu in diesen unverständlichen Gegebenheiten. Und zuletzt ist beinahe alles in unserem Sein Kräften geschuldet und für Kräfte getan, die wir nicht begreifen. Unbewusst, aber auch bewusst, ringen wir mit diesen unvorstellbaren und nicht zu begreifenden Kräften in beinahe jedem Moment unseres Lebens. Und auch hier landen wir wieder in einer Paradoxie. Dieses Unvorstellbare unterstützt uns in unserem Seins dann am besten, wenn wir uns ihm vertrauensvoll anheim geben. Wenn wir uns in die Tiefen des Mysteriums schlicht ergeben, öffnet es sich für uns und trägt uns. Wir versuchen eine gefühlte Ewigkeit eine Tür aufzustossen, bis wir erschöpft feststellen: die Tür geht nach innen auf.
Wenn wir uns dieser Enbettung in das Unvorstellbare anheimgeben, sie uns auch bewusst machen, werden wir gewahr, und auch das ist sehr merkwürdig, dass wir selbst Teil dieses Unheimlichen sind und also damit verbunden. Die gefühlte Trennung wird aufgehoben, wenn wir die Verbindung zulassen. Jetzt sind wir mit einer Quelle in Kontakt, für die unsere Probleme und kleinen Wehwehchen keine Hürden sind, nicht unlösbar, schwierig. Unser kurzsichtiger Blick wird weiter und wir kommen in eine Verfassung, aus der heraus wir unser Sein aus einer weiter gefassten Perspektive anschauen und auch steuern können. Beinahe wortlos und auf gespenstische Weise können die Dinge jetzt plötzlich gut werden. Scheinbare Zufälle und Intuition übenehmen zunehmend das Steuer. Wir lenken weniger, und sind doch viel besser ausgesteuert. Geheimnisvoll findet das Unsichtbare einen Weg in die Sichtbarkeit, wird Neues aus energetischen Kräften geboren, die es aus den Weiten des Kosmos und seinen Schwingungen in unsere Realität hinein verwirklichen. Jetzt gewinnt das Leben in seinem gewaltigen Zauber, und der Tod verliert seinen Stachel. Ich weiss jetzt, dass ich schon gerettet bin, immer gerettet war, ich bin beschützt, weil ich ja nur der verlängerte Arm eines viel Grösseren bin. Ich war niemals alleine, und werde auch niemals alleine sein. Ich bin der Teil einer grossen unbeschreiblichen Welle und fliesse im Zauber der Schöpfung durch die Zeit. Dabei bin ich in jedem Moment vollkommen. Nichts kann diese Vollkommenheit aufheben. Sie ist ganz ausserhalb der Zeit und des Raums begriffen, aber darin enthalten. Nichts kann genommen werden, alles ist gegeben. Ein vollkommenes Leuchten, ein weites, heiteres Licht.
Have a good day….and a good life!