Unsere Freiheit beginnt im Kopf. Letztlich ist es zwar wahr, dass unsere äussere Welt die innere beeinflusst. Aber viel wesentlicher spiegelt sich das im umgekehrten Sinn: von innen nach aussen. Innerlich treffen Sie Ihre Wahl, treffen Sie Entscheidungen. Der Impuls für Handlungen, die im Aussen sichtbar werden, kommt aus unserem Inneren. Die Wohnung putzt sich ja nicht von alleine, und wir denken dann: die ist aber hübsch sauber. Das ist natürlich eine Binsenweisheit und nur allzu offensichtlich. Impulse kommen allerdings aus beiden Richtungen: von innen und von aussen.
Die Freiheit, die wir haben, ist wie Stephen Covey immer wieder betont, allerdings die, zwischen Reiz und Reaktion wählen zu können. Zwischen Reiz und Reaktion besteht ein Raum. Und diesen Raum können wir nutzen.
Wir haben die Möglichkeit, unsere Gedanken bewusst zu steuern. Wir können beeinflussen, was wir denken und wie wir reagieren. Aber es ist schwierig, und deshalb setzen sich die wenigsten Menschen dieser Aufgabe aus. Das Verantwortungsprinzip ist befreiend, aber es ist nicht leicht, und deshalb gehen wir ihm auch so gerne aus dem Weg. Vorher veranstalten wir lieber noch ein paar Dramen, schimpfen darauf, wie schlecht die Welt ist, und ziehen über ein paar unserer Artgenossen her, bevor wir uns an die eigene Nase fassen. Wenn wir versuchen, nur eine Stunde keine negativen Gedanken zu haben, werden wir bemerken, wie schwer es ist, nicht immer wieder in die gleichen, und oft negativen sich immerzu wiederholenden Gedankenwellen zurück zu fallen und uns von Ihnen treiben zu lassen. Und so treiben viele Menschen oft ein ganzes Leben im Meer ihrer Gedankensuppe ziellos umher.
Bewusstheit gibt uns die Chance, dass wir uns hier einklinken und aktiv das Steuer für unser Glück in die Hand nehmen. Freiheit und Minimalismus sind wichtig, vielleicht sogar gerade ein bisschen zu modern, was die Gefahr mit sich bringt, dass das Thema so plattgetrampelt wird, dass man ihm seine Tiefe am Ende kaum mehr abnimmt.
Wenn wir uns aber unsere Spielzeuge wegnehmen, die Lästermäuler stopfen, Überflüssiges aus unserem Leben entfernen, oberflächliche Handlungen gut sein lassen und wirklich an einen Punkt vorstossen, an dem Raum für Wesentliches entsteht, werden wir feststellen, dass wir in eine Tiefe schauen, der wir oft noch gar nicht gewachsen sind. Tiefe will gelernt sein. Tiefe ist einfach. Aber Einfachheit ist keinesfalls banal. Die Einfachheit macht die Reise um die ganze Welt, bevor sie uns leicht fällt und gelingt.
Oberflächlichkeit tönt so laut und im unachtsamen Vor-sich-hin-Dröhnen verfliegt die Zeit wie im Nu. Den Blick der stillen, tiefen Liebe, das Aufrauschen des Herzens aus der Ruhe hingegen ertragen wir jedoch nur, wenn wir auch dazu bereit sind. Bewusstheit tut weh und hat einen Preis. Allerdings ist der Preis, den wir für Unbewussstheit bezahlen viel höher als der Schmerz, durch den wir gehen, wenn wir uns diszipliniert auf den Weg durch ein bewusstes, tief empfundenes und aktiv gesteuertes Erleben unserer Zeit machen. Ignoranz wird immer bestraft. Wegschauen gilt nicht, da es etwas in uns allen gibt, eine Instanz – nennen wir Sie Gewissen – die uns ständig darauf hinweist, was wahrhaftig ist.
Aus dem Erwachen, dass wir mächtig sind und einem Leben, das sich daran orientiert und dieser Einsicht folgt, erwächst grosse Kraft. Aber auch grosse Verantwortung. Wir müssen uns fragen, was wir wollen und was wir sein wollen: Spielbälle, die durch äusserliche Impulse hin- und her geworfen werden, oder aktive Gestalter unserer Zeit. Die meisten gehen den Weg eines Spielballs. Warum eigentlich? Ich sehe zwei Hauptursachen: Bewusstheit tut weh, bevor sie schön wird. Und die Herkulesaufgabe die flüchtige Welt unseres Denkens zu zügeln und im besten Sinne für uns klar auszurichten und kontrolliert zu steuern, erfordert viel Geduld, Mühe und eine Weltsicht, die der Welt, die uns in den meisten Menschen begegnet, zutiefst widerspricht.
Zu einem Leben in bewusster Verantwortung werden wir in unserer Gesellschaft nicht erzogen. Ihr Ziel ist es vielmehr, uns angepasst und unbewusst zu halten, auf einem Niveau und in einem Schmerz, den wir gerade noch so ertragen können und der erleichtert wird durch ein paar Erholsamkeiten, die sich immer gerade zur rechten Zeit einstellen. Dabei wird das Leben insgesamt beschönigt und seicht gemacht. Es ist aber nichts von dem. Es kann viel schöner, leichter und vielfältiger sein, als wir uns das jemals träumen könnten, wenn wir in das Licht seiner tiefsten Erfahrungen eintauchen, und es kann viel dunkler, brutaler und härter sein, als wir uns das jemals hätten vorstellen wollen. Licht und Schatten können und werden uns immer wieder überraschen. Aber das ist allemal der bessere Weg, als in einem trüben Abglanz jenseits der Sonne dahin zu vegetieren.
Wir haben immer die Wahl, wir haben immer die Verantwortung und wir haben immerzu einen Raum, in dem wir in unserer Welt agieren und auf unsere Welt reagieren können. Wenn wir das wirklich erkennen, können wir die Schönheit eines bewussten Steuerns und Erlebens der Zeit erleben, die uns geschenkt ist. Wir können Gestalter unserer ganz eigenen Geschichte sein und darauf achten, dass diese Geschichte stark und schön ist, klar, hell und glanzvoll, das sie getragen wird von Aufrichtigkeit, Integrität, Herz und Seele, das sie eine Geschichte ist, die nur ein tiefes und bewusstes Leben schreiben kann. Ein solches Leben hat sich in die Verantwortung genommen und diszipliniert. Was aber ist Disziplin? Um es mit Thomas von Aquin zu sagen: Eine Zucht voller Dienst, aus der dann am Ende die Fülle des Seins aufrauscht.
Have a great day…and a good life!