Die meisten von uns haben heutzutage nicht das Problem, im materiellen Mangel zu leben, sondern im Überfluss. Und dieser Überfluss macht in hohem Masse unfrei. Ein Diamant leuchtet erst, wenn man ihn geschliffen hat, das Unwesentliche und der Schmutz entfernt sind. Erst dann wird der Blick auf das Herz des Steins frei und er leuchtet, man kann fast sagen: aus seiner Seele.
Aufgeräumt zu leben, bedeutet innen wie aussen, Unnützes zu entfernen und Wesentlichem den Raum zu geben und den Platz anzuweisen, der ihm zusteht und der uns gut tut.
Freiheit hat viel mit Leichtigkeit zu tun. Und man kann nicht leicht sein und sich frei fühlen, wenn man sein Leben mit Dingen und Verpflichtungen anfüllt, die nichts für einen tun, sondern nur belasten.
Wie finden wir nun heraus, was uns belastet, und was uns gut tut? Eigentlich ist das ganz einfach: Wir spüren es. Wenn Sie bewusst durch Ihre Lebensräume gehen, dann erfühlen Sie in jedem Gegenstand, der dort vorhanden ist, wie er auf Sie wirkt. Tut diese Vase in der Ecke der Fensterbank noch etwas für Sie? Oder steht sie dort schon seit Jahren eingequetscht zwischen anderen und wird nur einmal vor Ostern abgestaubt? Oder freuen Sie sich jeden Morgen an dieser Vase, stellen oft frische Blumen hinein und haben ein Lächeln auf den Lippen, wenn Sie sie anschauen?
Wir können so durch alle Räume unseres Lebens gehen und einmal gründlich Müllabfuhr spielen und Inventur machen. Und vielleicht hilft uns bei diesem Rundgang die Einsicht, dass uns aller Besitz nur für kurze Zeit geliehen ist. Wir sind ja nur auf der Durchreise. Wir kamen, sind jetzt hier und vergehen wieder. Auf unserer Lebensreise haben wir Begegnungen, und wie in einem Kaleidoskop verändern sich die Farben, Dinge und auch die Menschen, die uns berühren, und dann weiter ziehen. Diesen Kreislauf aufhalten zu wollen, bedeutet, sich gegen den natürlichen gesunden Fluss des Lebens zu stellen. Deshalb bedeutet Klammern auch immer Stagnation. Und doch mag es Dinge geben, die uns so wichtig sind, dass Sie uns mit gutem Grund lange begleiten und gut tun. Aber es ist ganz wichtig, hier das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen.
Der Blick aufs Wesentliche ist gleichzeitig auch immer der Blick auf Weniges. Es sind ganz wenige Menschen, die in unserem Leben eine grosse Rolle spielen. Und es sind ganz wenige Dinge, die uns eigentlich wirklich wichtig sind. Das Gesellschaftsspiel predigt zwar noch immer den ungebremsten Konsum, aber im Grunde wissen wir, dass er in den meisten Fällen funktioniert wie ein Pflaster, mit dem die unreinen Stellen in uns eher kaschiert werden. Natürlich ist es toll, wenn man sich etwas wirklich wünscht und dann den Wunsch erfüllen kann. Aber dauerhafte Erfüllung erfahren wir nicht aus dem Erwerb von Neuem. Erfüllung ist nur sehr bedingt käuflich, sondern wird erfahren als ein Gefühl, als ein innerer Zustand, in dem wir uns selbst in der Fülle unseres Seins aufgehen. Und diesen Zustand erreichen wir durch unser Tun und im einfachen So-Dasein. Nicht durch unser Haben. Die Erfahrung der Fülle entsteht aus der Leerheit, in der die Erfahrung möglich wird, dass der Blitz einschlägt und die lichte Fülle des Lebens durch uns hindurch rauscht. In der Meditation erfahren wir das, indem wir die Gedanken zur Ruhe bringen und leer werden. Erst wenn der Durchlässigkeit für die grosse Erfahrung nichts mehr im Weg steht, kann sie sich einstellen.
Das lässt sich wunderbar auf unserer materielles Leben spiegeln. Wenn wir Raum schaffen und Klarheit, spiegelt unsere äussere Umgebung auch unser Inneres. Und umgekehrt: Wenn wir in uns gehen, wird sich dadurch ganz automatisch auch unsere äussere Lebensumgebung positiv verändern und sie wird klarer werden.
Tägliche Hygiene, innen wie aussen tut Not. In unserer besten Umgebung und Verfassung hat Ramsch einfach keinen Platz.
Have a great day…and a good life!