Man muss sich immerzu auseinander setzen. Man kann es nur schwerlich lassen. Für sein Leben braucht man ein Stück Philosophie.
Es ist zwar ohne weiteres möglich, auch mit Philosophie zu scheitern, aber dann geschieht es mit einer gewissen Grazie. Man steht dann eher wieder auf, schüttelt sich und geht weiter. Verzweiflung ohne Philosophie bleibt eher liegen.
Viele Menschen haben ohnehin eine Philosophie, und die funktioniert oft auch ziemlich gut. Oft ist sie sogar viel handfester als eine, nennen wir sie mal Bücherphilosophie. Allerdings kann die hand- und hausgemachte Philosophie althergebrachter Pragmatik einen Menschen gerade dann in wahre Verzweiflung treiben, wenn sie versagt. Wann passiert das? Wenn ein Mensch sich selbst nicht mehr versteht, wenn er sich sein Leben nicht mehr erklären kann und wenn Bewährtes nicht mehr funktioniert und ihm sein Lebensgerüst und alles, worauf er im wahrsten Sinne des Wortes gebaut hat, um die Ohren fliegt. Was dann bleibt, ist ein Weg auf Messers Schneide, auf einer scharfen Klinge an der Grenze zum Wahnsinn. Man hat dann keine Welt mehr. Die Formen, in denen man existiert hat, lösen sich auf.
Je stärker einem das Leben um die Ohren fliegt, desto mehr Philosophie braucht man, aber desto pragmatischer muss man auch handeln. Dazu muss man allerdings funktionieren. Verzweiflung aber schafft starre Erschlaffung, legt den Willen lahm und lässt die Tränen fliessen. Die kleinsten Arbeiten werden jetzt schon sehr schwer. Man fühlt sich, als hätte man Bleigewichte an allen Gliedern fixiert. Schwer und dunkel ist alles, die eigene Welt versinkt in kleinen Räumen, Orientierungslosigkeit und Ohnmacht. Man ist wie in einem dunklen Labyrinth gefangen. Was jetzt Not tut ist Licht. In der Finsternis braucht man immer ein Licht.
Und dieses Licht ist ein Denken, das uns rettet und uns unsere Handlungsfähigkeit zurück gibt. Nicht nur deshalb, aber auch deshalb macht ein philosophischer Blick auf das Leben Sinn.
Je komplexer unsere Lebenswirklichkeit wird, desto mehr brauchen wir Klarheit und Sinn. Um diesen Sinn müssen wir ringen. Er fällt uns nicht zufällig in den Schoss. Dieser Sinn ist auch nicht statisch, sondern er bewegt und verändert sich ständig, wie unsere Lebensumstände und unser Denken auch. Und doch kann uns ein Denken, in dem wir uns aktiv mit unserer Welt und uns selbst auseinandersetzen ein tragfähiges Fundament leisten, das uns sicher durch so manchen Sturm trägt. Das aber auch die Sonne heller scheinen lässt und grossen Genuss und Freude schenkt.
Man braucht ein Denken, das ein Scheitern prinzipiell einmal gestattet. So wie man auch mal ein Spiel verliert, so verliert man auch ab und an im Leben. Es wird einem etwas weggenommen, es gibt Enttäuschungen, Niederlagen, dann wieder Siege und erfrischende Überraschungen. Man braucht ein Denken, das aktiv ist und lernfähig, das offen gegenüber Neuem ist und abwägt, wann man Altes bewahrt und Neues begrüsst.
Einfacheit tut Not, Mut zum Loslassen, aber auch zum Zupacken, Klarheit im Jetzt im Wissen um das Eingebundensein in den Kreislauf des Werdens, des Kommens und Gehens. Die Grenzen allen Seins sind immerzu fliessend, verschieben sich. Es gibt eine grosse Verbundenheit. Wenn man sie nicht spürt, versteht man die Welt nicht mehr. Und doch ist sie immer da. Und mit ihr auch die Leichtigkeit, das spielerische Element allen Seins.
Es wird leicht, wenn ein Denken schliesslich in ein Gefühl mündet, das versteht. Ein Gefühl, das versteht, begreift die ganze Welt und lächelt über Kommen und Gehen, über die Flut und die Stille eines Sonnenuntergangs, setzt sich unter einen Olivenbaum und schaut den säuselnden Wellen zu, lauscht den Zikaden, geniesst die Stille und das leise Rascheln der Eukalyptusbäume.
Ein Delphin zaubert am Horizont einen glitzernden Bogen über das Meer. Es ist ganz eindeutig. Hier ist nichts mehr in Worte zu fassen. Die Zeit malt ein Bild in die Ewigkeit. Und wir sind die staunenden Beobachter eines Zaubers, der niemals endet.
Have a great day…and a good life!