So polifik…und ein gutes Wort

Die Nachrichten und die Politik sind von einer Phantasielosigkeit, die nur von den Hemdmustern von Ingenieuren in ihrer Mattigkeit übertroffen werden, was aber hier nicht gegen die Ingenieure sprechen soll, sondern eben nur gegen deren Hemden. Und natürlich: verwegen verlogen.

Nun sagen wir, klar, ist ja auch Mainstream und Politik. Ach wirklich? Ich meine gut, die Damen und Herren da irgendwo, ich will nicht sagen oben, sondern in einer Art Unterwelt mit Etikettenpflicht, mit einigem Übergewicht auch an Ego und geplanter Planlosigkeit. Dort also, wo wir annehmen, dass das Weltgeschehen bestimmt und angetrieben wird, da sitzen sie zusammen in einer Art machtbesessenen Traube, aus der man nicht gerne den Kopf herausstreckt. 

Das Treiben dort ist so eng korsettiert, dass es einem den Atem verschlägt, wenn man sich etwas näher damit beschäftigt, was der Gesundheit aber abträglich und nicht zu empfehlen ist.

Das grandios Absurde, das dort getrieben wird, ist nicht zuletzt auf eine vollkommene Umkehrung von Werten zurückzuführen. Wer es vornehmlich auf Macht und Geld abgesehen hat – nichts davon an sich ist schlecht-, der hat gezwungenermassen Scheuklappen auf, die eigentlich Eselsklappen heissen müssten, denn sie werden ja vornehmlich unsichtbar von Eseln getragen.

Im Umfeld der Politik ist eine vollkommene Abwesenheit von Weisheit zu beobachten. Würde man den Begriff in diesem Umfeld einmal fallen lassen, so würde es selbst bei absoluter Stille niemand bemerken, und falls doch, würde man merkwürdig berührt allerhöchstens kurz lächeln. Das ist fatal und eine Schande für die abendländische und andere altehrwürdige Kulturen und ihre Schätze zeitlos wertvollen Gedankenguts. Ich sehe so gar nicht, weshalb dieser Zustand selbstverständlich sein darf, wo er doch verachtenswert ist.

Wo alle hetzen und sich gegenseitig überholen wollen, wo alle immerzu nur Sender sind, heisst in den Spiegel schauen, und also keine Zeit bleibt, mal Empfänger zu sein, wo die Hetze der Pulsschlag des Tagesprogramms ist, da wird das Wichtigste vergessen: dass man nämlich zum Denken eine gewisse Ruhe und auch Abstand braucht, dass weniger immer mehr ist, und das, was sich bewährt hat, ernst zu nehmen ist und nicht allzu leichtfertig verworfen werden sollte. 

Stattdessen nimmt man sich aufgrund der Stellung heraus, schlichtweg – unübertrefflich leider – Blödsinn reden und Mist verzapfen zu dürfen. Und kommt damit auch noch durch, was ebenfalls bedauerlich ist. Es darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Verantwortung nach wie vor verpflichtet. Wer aus seiner Verantwortung ein Kasperltheater macht, der ist tatsächlich der Oberkasper, was nur dadurch noch gesteigert wird, dass er sich im Spiegel nicht also solchen erkennt. Slapstick vom Feinsten.

Phantasie und Weisheit liegen nahe beieinander, denn beide erfordern die Fähigkeit, für sich selbst denken und sein zu können – eine Fähigkeit, die den Mächtigen der Welt vollkommen abgeht. Dementsprechend ist auch die Verachtung, die dieser Klasse von Wesen entgegen zu bringen ist. Ich fühle mich ihnen auch nicht verpflichtet, denn entgegen dem allgemeinen Glauben tun sie nichts für mich, sondern ich agiere ethisch im besten Sinne im Rahmen der Gesellschaft und meiner Nächsten – trotz ihrem Treiben, nicht wegen. Sie sind ein unangenehmer Widerstand, sollten die Bürger aber in Ruhe lassen und Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich Intelligenz, Verantwortung, Unternehmertum, Wissenschaft, Kunst und Kultur, die Freiheit des Denkens und ethischen Handelns frei entfalten können. Stattdessen massen sie sich an, der Massstab all dessen zu sein, wovon sie so gar nichts verstehen. Das ist unendlich schade, peinlich und auch böse. 

Der Staat hat mich nicht zu erziehen. Er soll mich sein lassen. Und wenn man mal über die Stränge schlägt? Na und? Dann ist das ein Zeichen einer lebendigen Jugend, so lange es andere nicht zu sehr trifft. Die Zeit bändigt uns schliesslich alle. Da sollte man also den Rahmen schaffen, die besten Energien in den guten Jahren auch ihre Leistung erbringen zu lassen. Es waren letztlich in früheren Zeiten die wilden Araberhengste, die die Kriege gewannen. Schafe zu züchten ist zugegeben einfacher. Aber es hat keinen Saft. 

Ausgelassene Freude und tiefes Empfinden, Tapferkeit und die Idee, dass das Leben etwas Grosses und doch so Flüchtiges ist, dieses ungezähmte Paradoxon des Seins, geht völlig verloren.

Es ist keine Kraft im Unsinn derjenigen, die sich für den Nabel ihrer eigenen kleinen Welt halten, und deren Schamlosigkeit und verzerrte Grimasse keine Grenzen mehr kennt. Nichts für ungut, aber man muss schon angewidert sein dürfen. Ich bemühe mich um wachsende Verachtung und Nichtbeachtung.

Wo Ihr mir vorbei geht, weht ein freier, frischer Wind. Die Segel sind also gehisst und ich segle guten Mutes in meinen eigenen hellen, weiten Horizont, indem ich von mir weg schaue, indem ich in mich gehe, indem ich loslasse während ich zupacke, indem ich träume, während ich mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehe, indem ich mein eigenes freies Spiel spiele, demütig und dankbar gegenüber meiner Zeit, dem Flüchtigen und dem Mysterium, dem ich entstamme und alles verdanke. Ich will brennen bis zum Staub. Ohne Euch, ohne Kasperltheater. Man entwächst mit der Zeit der faden Grimasse und lässt dem Wesentlichen Raum. Da ist Stille, Einfachheit und ein wunderbarer Tanz. Und mehr braucht es auch nicht.

Aber ich will Politikern und Machtmenschen – obgleich viele unter Ihnen Psychopathen sind – doch auch eine Lanze brechen. Nun ja, sie sollten Volksvertreter und nicht Volkszertreter sein, das muss man vielleicht doch sagen.

Dass sie aber überhaupt ihr Leben dazu hergeben, zu regieren, sei ihnen hoch anerkannt. Denn man muss ein Masochist sein, um das zu tun, weil es vermutlich – ich kann hier nicht aus eigener Erfahrung sprechen – aufreibend ist. Das erklärt vielleicht auch die sadistische Ader so einiger, das Volk gerne etwas quälen zu wollen. Sozusagen als Heimzahlung an die, für die sie da sind, denen sie ihren Stress und Druck aber eben auch zu verdanken haben.

Wenn wir uns also auch nur für einen Moment in die Lage eines Politikers versetzen, so ist das Volk immer auch der potentielle Feind. Es ist das Volk, das gerne mit der Guillotine spielt und den Lenkern den Kopf abschlägt, wenn nichts mehr funktioniert, wenn Armut zunimmt und die Ungleichgewichte grösser werden. 

Die, die das Volk regieren, müssen sich also auch vor dem Volk schützen, sie müssen es kontrollieren und in Schach halten. Sie wissen, dass aus Eiern wilde Bestien schlüpfen können – weshalb man ja auch rege versucht, die Lebendigkeit kerngesunder Kinder auszubremensen und sie von Anfang an ruhig zu stellen. Es ist ein bisschen wie in Jurassic Parc. Sie lieben ihren Tyrannosaurus Rex, aber sie haben ihn gerne im Gehege.

Die Zeiten sind allzu sehr dazu angetan, sich gegen die Politiker zu richten. Und das muss ihnen schliesslich eine gehörige Portion Angst einjagen. Chaos und Revolution liegen eng beieinander. Und die Welt, in der wir gerade unterwegs sind, chaotisiert sich mit jedem Tag mehr. Kontrollverluste sind generell keine gute Sache. Aber landesweit oder gar weltumspannend sind sie der Horror eines jeden Staatenlenkers.

Sie sind angetreten, um dem Volk zu dienen und müssen jetzt ausserdem ständig darüber nachdenken, wie sie ihre Haut retten. Das ist nicht lustig.

Die Mächtigen der Welt haben die Alarmanlage am Haus nicht zufällig. Sie brauchen sie dringend, denn sie müssen stets damit rechnen, dass man ihnen ein verirrter Geist ans Leder will. Und dabei sollen sie nun darauf achten, dass sich ihr eigener Geist ebenfalls nicht zu sehr verirrt und verwirrt. Unterm Strich: kein Spass.

Seidene Bettwäsche und ein Palast machen die Sache nicht wirklich besser. Und auch ein Chauffeur rettet mir nicht den Tag, wenn vor meinem Einsteigen in den Wagen erst einmal geprüft werden muss, dass auch kein Sprengsatz angebracht wurde.

Es sind also sehr komplexe Arrangements, die sich derzeit auf der Erde umspannend breit machen, und die den kleinen Mann sowie die Staatenlenker auf ganzer Linie fordern. 

Nun könnte man ja sagen. Gut, das haben sie sich selbst eingebrockt. Aber die Dinge entwickeln sich auch stetig und über längere Zeiträume, und plötzlich kommt man irgendwo an, wo man niemals hin wollte. Auch Politiker verlaufen sich, ganze Völker verirren sich, und selbst wir einzelne Individuen, die wir vielleicht nur uns selbst auf die Reihe zu kriegen haben, verlaufen uns in unserem Leben und Geist gerne mal so sehr, dass wir uns nicht mehr auskennen. Verwirrung und Chaos sind keine Ausnahme, sie sind der ganz normale Wahnsinn. 

Deshalb sollten auch Mitgefühl und Nachsicht mit im Gepäck sein, wenn wir zuweilen grimmig dorthin schauen, wo scheinbar die Geschicke der Welt gelenkt werden.

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